Montag, 15. Februar 2016

Wie war das noch?

Ist es soweit? Oder ... so weit? Stelle ich diese Frage zurecht? Stelle ich sie zu Recht? Das sind gemeine Fragen? Doch was bedeutet 'gemein'?


Wie, wo, was?

Sie ist nicht ohne Tücken, die deutsche Orthographie, ganz unabhängig von Reformen, von Reformen der Reformen. Auch die Semantik einzelner Begriffe ist gar manches Mal eine spannende Herausforderung. Ich habe mir mal ein paar Beispiele herausgegriffen, die ich bei der täglichen Lektüre renommierter Online-Medien fand.

Zurecht und zu Recht

Ist eine Aussage mutmaßlich zutreffend, ist sie den Umständen angemessen, lesen wir oft, jemand hätte etwas zurecht gesagt oder gefordert. Gemeint ist hier zu Recht. Zusammengeschrieben begleitet zurecht immer ein Verb. Zurechtlegen, zurechtkommen, zurechtmachen, zurechtrücken. Als sogenanntes Präfix bildet es trennbare Verben. Im täglichen Sprachgebrauch findet es häufig ironisiert-spöttische Anwendung: Das hast Du Dir schön zurechtgebogen, zurechtgeschrieben etc. Stimmen Sprecher oder Schreiber mit etwas überein, so ist die Wahl zu Recht.

Soweit und so weit

Es ist soweit, lesen wir häufig, lesen soweit, so gut. Die unterschiedliche Schreibweise im zweiten Falle deutet hin auf die Schwierigkeit, Warum nicht 'soweit, sogut'? Trennt die Grammatik hier willkürlich? Beruhigenderweise tut sie dies nicht. Zusammengeschrieben ist soweit eine restriktive, eine einschränkende Konjunktion mit der Bedeutung von 'in dem Maße' - die einen Nebensatz einleitet. Soweit ich weiß, soweit unsere Zeit dies zulässt. Als Adverb wird es (inzwischen) getrenntgeschrieben. Bezeichnet es ein 'bis hier', heißt es so weit.

Solange und so lange

Solange ist zusammengeschrieben ebenso eine Konjunktion, eine sogenannte temporale. Sie lässt sich beispielsweise durch 'während' ersetzen. Solange er nicht da ist, solange sie noch studiert. Geht es darum, einen bestimmten Zeitpunkt zu benennen, einen Endpunkt, ist die Wahl so lange. Wir warten so lange, bis er, hier wohl eher sie, da ist. Ich war so lange nicht im Theater.

Gleichzeitig und zeitgleich

Es ist zu beobachten, dass diese Begriffe mehr und mehr synonym verwendet werden. Es spricht
nichts dagegen, Sprache ist lebendig. Ist es angenehmer, spielen Regeln nicht die Hauptrolle. Wer sprachliche Differenzierungen liebt, weiß ihre Möglichkeiten dennoch zu schätzen. Zeitgleich bezeichnet eine gleiche Dauer, gleichzeitig einen definierten Zeitpunkt. So fand Woodstock gleichzeitig mit der Mondlandung statt, nicht aber zeitgleich. Die Ereignisse dauerten keineswegs gleich lange. Läufer, die zeitgleich ins Ziel kommen, müssen dies nicht notwendigerweise gleichzeitig tun. Es handelt sich womöglich um zwei Vorläufe.

Der nächste?

Immer wieder ist zu hören und zu lesen, ein Erfolg, ein Skandal jage den nächsten. Wie das? Wie kann etwas seinen oder ihren Nachfolger jagen, ist dieser noch gar nicht da? Eine grammatikalische Zeitmaschine? Nein, eine Mischung zweier Wendungen. Die Jagd verlangt den anderen, die zeitliche Folge erlaubt den nächsten. Das führt von einer Erheiterung zur nächsten.

Ein wenig Semantik

Zum heutigen Schluss noch zu einem Begriff, der in Jahrhunderten sprachlicher Entwicklung einen negativen Schlag einstecken musste, den ich hier - den Begriff - einmal entschieden verteidigen möchte: Gemein.
Mama, Martin ist gemein! Du bist gemein! Birgit ist echt gemein! So es tatsächlich etwas wie fies oder bösartig bedeutete - wie steht es dann um gemeinsam, um Gemeinschaft, um Gemeinwohl? Ebenso wie das englische 'ordinary' und das deutsche 'ordinär' fand der  Begriff ursprünglich eine andere Verwendung. Erst mit dem Neuhochdeutschen erhielt er die negative Konnotation. Ursprünglich bedeutet es 'vielen zukommend, verbreitet'. Da dies offenbar nicht gut sein kann, muss sich das unschuldige Wort heute mit seiner Assoziation 'maliziös' abfinden.


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